Ministerialbürokratie am Beispiel der Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns

Erstmals eingestellt am 19.2.13

 

Für den Zusammenhang mit dem Thema Hinausschieben des Ruhestandsbeginns muss etwas weiter ausgeholt werden.

 

Inwieweit kann man vom "Geist im Ministerium" im Umgang mit einer ihr formal unterstellten Gruppe sprechen?

 

Beispiel:

 

Das Mainzer Wissenschaftsministerium MBWJK war lange Zeit geprägt durch das Wirken von Prof. Dr. J. E. Zöllner. Sein Hintergrund war für die Position des Ministers akzeptabel. (Dezentralisierung der Fachhochschule des Landes Rheinland-Pfalz fast wieder in Einzelstandorte, Bedenken gegen Eliteuniversitäten auf Kosten der Qualität der anderen, Widerstand gegen Studiengebühren und gegen die Schulzeitverkürzung bis zum Abitur sind zum Beispiel in achtbarer Erinnerung.)

 

Normalerweise wird nur eisern darauf geachtet, dass kein Ingenieur Justizminister wird. Angeblich kann sonst jeder fähige Politiker jedes Ministeramt übernehmen, was die Gefahr in sich birgt, dass dieser in zu hohem Maße auf die Ministerialbürokratie angewiesen ist.

 

Nicht erreichbar war er für die Kritik an der Vergabepraxis der höher dotierten C3-Professorenstellen nach Absprache, die das Leistungsprinzip so manches Mal auf den Kopf gestellt hat. Diese hatte er bei seiner Amtsübernahme von seinem CDU-Vorgänger Georg Gölter weiterlaufen lassen.

 

Die Berufungen lagen de facto in den Händen der zuständigen Ministerialräte. Sie haben in dieser Sache ihr Selbstverständnis

aus der Forderung der Einhaltung der Absprache bezogen und nicht aus fachlicher Kompetenz in Maschinenbau, Elektrotechnik usw., und Gewissheit gehabt, dass die generelle Praxis  -  die Frage der Unterlaufung eines Gesetzes  -  im  Einzelfall vor ihnen geneigten Gerichten angeblich nicht berücksichtigt werden musste.

 

Die FH-Professoren haben diesen Umgang als divide et impera empfunden und hatten es eigentlich nicht anders verdient. Keine andere Berufsgruppe hätte sich jahrzehntelang eine so deutlich unterschiedliche Bezahlung C2/C3 für genau die gleiche Arbeit gefallen lassen.

 

Zum Schluss wusste Minister Zöllner allerdings und offenbar nicht mehr so recht, was er in Rheinland-Pfalz noch bewirken sollte. So gehörte zu seinen letzten Aktivitäten die Zusammenlegung von Fachbereichen. Hundert Stunden haben Senat und Hochschulleitung angeblich beraten, um die Zusammenlegung von Maschinenbau und Elektrotechnik/

Informationstechnik in Kaiserslautern zu verhindern  und Argumente für eine hochschulöffentliche Diskussion anlässlich eines angekündigten Besuchs des Ministers zu konzentrieren.

Das Auftreten des Ministers, der einst angetreten war mit der Vollmundigkeit, Betroffene aufmerksam anhören zu wollen, war gekennzeichnet durch die Aufforderung, gar nicht erst den Versuch zu machen, die Kompetenz einzelner Mitglieder der von ihm bestellten Expertenkommission in Frage zu stellen. Das wäre bitter nötig gewesen.

 

Eine gemeinsame Dienstbesprechung der Maschinenbau- und ET/IT-Kollegen ergab nach Abstimmung, dass kaum einer der über dreißig Kollegen und Kolleginnen für die Zusammenlegung war.

 

Der Dekan des Fachbereichs ET/IT, Prof. Dr. Uwe Krönert, wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Landtagsabgeordneten, von denen dann eine Vielzahl mit Anfragen aktiv wurden.

 

Hieraus konnte kein Nutzen gezogen werden, denn der Hochschulleitung dürfte wohl  taktische Geschmeidigkeit empfohlen worden sein oder hat sie sich selber empfohlen. Demokratie ist an den Hochschulen stark reduziert worden.

So stand also der Dekan mit einem Messer im Rücken da.

 

Mehr noch: Er erhielt eine Abmahnung aus dem Ministerium MBWJK

 

Zitat:

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"(...)

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Betrifft: Zusammenlegung der Fachbereiche Elektrotechnik/Informationstechnik und Machinenbau an der Fachhochschule Kaiserslautern

 

Bezug: Ihr Schreiben an die Landtagsabgeordneten vom 06.12.2004

 

Sehr geehrter Herr Professor...,

 

auf Grund diverser Eingaben von Landtagsabgeordneten ist mir bekannt geworden, dass Sie mit Briefkopf der Fachhochschule Kaiserslautern einen Brief an alle Landtagsabgeordneten versandt haben.

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Hiermit weise ich Sie darauf hin, dass solche Schreiben grundsätzlich auf dem Dienstweg über den Präsidenten zu versenden sind und fordere Sie auf, zukünftig die direkte Versendung zu unterlassen. Im Wiederholungsfall werde ich die Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen prüfen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Im Auftrag

 

(Giselheid Wilke)

 

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Dieses Schreiben hatte Minister Zöllner sicher nicht in Auftrag gegeben. Unvorstellbar und gänzlich unangemessen.

 

Ein Highlight eines Bürokratiebeispiels.

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Ist dies der Geist im Ministerium?

 

Diese Frage wäre den Landtagsabgeordneten zu stellen! Sicher nur rhetorisch, wenn nicht die richtige Zeit (z.B. Wahlkampf) gewählt wird!!!

 

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So entstand der Fachbereich Angewandte Ingenieurwissenschaften, FB AIng KL, ein Gemischtwarenladen mit 35 Professoren, den Arbeitspsychologen als äußerst bedenklich bezeichnen könnten, in dem "alte Hasen", wenn sie auf die Idee kommen, das Hinausschieben des Ruhestandsbeginns zu erwägen, schon ausnahmsweise sehr burn-out-frei sein müssen und neu eingestellte Professoren nach drei bzw. einem Semester in letzter Zeit (das gab es noch nie in dreißig Jahren) geflüchtet sind.

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Wer in einer gemeinsamen Dienstbesprechung als Neuer optimistisch über seine Gestaltungsmöglichkeiten nachdenkt, muss sich mit hoher Meinung von sich selbst als Kämpfernatur sehen.

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Ein Dekan kann da leicht überfordert sein und dabei über weite Strecken mit Verständnis rechnen. Den Job kann man ohnehin nur mühsam besetzen.

Schlechte Behandlung durch das Ministerium ist jedenfalls gänzlich fehl am Platz.

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In der Presse wurde damals die Zusammenlegung von der Hochschulleitung, die weithin gefühlt in komplizierten Situationen fast nie in dreißig Jahren ein anderes Format als Reklame an den Tag gelegt hat, was inzwischen schlicht verantwortungslos ist, als Nutzung von Synergie verkauft.

 

Das Ministerium hätte allen Grund, den Bestand an Professoren mit größter Hochachtung und Wertschätzung zu behandeln, Steine an  j e d e r  Stelle aus dem Weg zu räumen, statt sie gar in den Weg zu legen, die Professoren nicht zu Tanzbären der zum Beispiel an der FH KL jüngst gleich mit 80 Stellen aufgeblähten Verwaltung werden zu lassen (80 fachliche Assistenten zur Unterstützung von Professoren und Assistenten - das wäre es gewesen!), keine Panikberufungen heraufzubeschwören angesichts des gerade noch vorhandenen Konsenses in der Kollegenschaft, hier das Niveau nicht gänzlich einbrechen zu lassen, denn die Bewerberlage ist nach Ausschreibungen von Professorenstellen regelmäßig eine Katastrophe.

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Und das nicht nur von der Bewerberzahl her. Muss man zynischerweise auf Konkurse von Firmen hoffen? Muss man Ausschau halten nach Firmen, die vom Konkurs bedroht sind, um zu sehen, ob dort ein irgendwie Bekannter vielleicht in Frage kommen könnte?  Muss man in Auffanggesellschaften fischen? Muss man Leute anheuern, die schon ziemlich lange nach Entlassung einen neuen Job suchen? (Gute Leute haben gleich einen wieder) Das alles ist leider Realität und keine Rhetorik!

 

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Probevorträge von Bewerbern, deren Papierform stimmt ( Der Wissenschaftsrat hat in diesen Tagen gerade die Inflation von sehr guten Noten gerügt. Sie ist schon lange im Gange!) sind gerade in den Grundlagenfächern mit erschreckender Regelmäßigkeit so schlecht, dass man das sogar Laien, die noch etwas vom Physikunterricht in Erinnerung haben, verdeutlichen können sollte.

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Sollte jemand der, der für das Fach Elektromagnetische Felder vorgesehen ist, wissen, wie sich eine Magnetnadel in der Nähe eines stromdurchflossenen Leiters ausrichtet?

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Sollte er wissen, wie sich die Spannung an den Enden einer Leiterschleife ändert, wenn diese sich im Magnetfeld einfachster Art schneller dreht, und sollte er Plus und Minus dort interpretieren können?

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Die Liste solcher Beispiele ließe sich weit fortsetzen.

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Verständlich, wenn zuhörende Studenten fast peinlicherweise fragen, wieso sie bei der Nichtbeantwortung solcher Fragen durchfallen würden, wenn so jemand doch promovieren konnte. Lachen kann man da nicht!

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Sollte man zudem erwarten können, dass ein Neuer aus Gründen notwendigster Stoffdurchdringung sein Vorlesungsskript selber erstellt, oder hat Piraten-Mentalität, die bei solcher Gelegenheit schon mal durchschimmert, Aussicht auf Gründung einer Partei-Enklave in solch einem Fachbereich?

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Das alles ist neben der schlechten Bezahlung nicht zuletzt so, weil die Fachhochschulen fast überall unattraktiv de facto zu Bachelor-Pressschmieden herunter transformiert worden sind und zudem längst bekannt ist, dass fachliche Säulen sich mehr oder weniger subtil unter Druck gesetzt fühlen, Feigenblattvorlesungen in den "harten" Grundlagenfächern halten zu sollen, um in der Studierendenzahl konkurrierenden Billigangeboten nicht das Feld  überlassen zu müssen.

Dazu  kommt die demotivierende Aussicht, demnächst einen Zustrom von Gesellen aufnehmen zu sollen, die möglicherweise kein Handwerksmeister weiter behalten hätte. Gelegentlich sind solche mit Tipp vom Arbeitsamt, doch zur Fachhochschule zu gehen, schon aufgetaucht.

Sie dürften jedenfalls die Professoren noch evaluieren ( bevor sie vielleicht zur  Zeit noch wieder gehen müssten) zwecks durchaus wirksamer Regulierung des fachlichen Niveaus - nach unten.

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Und Forschung? Es gibt "forschungsfreie Semester" -  in der Regel immer nur Semester frei von Forschung, denn es fehlt der Mittelbau.

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Nichts haben Amtsinhaber, gelegentlich mit erstaunlichem Talent, sich mit mehr Sekretärinnen zu umgeben oder Neubauten durchzusetzen oder ins rechte Licht zu stellen, geschafft, die klägliche Zahl und die klägliche Situation und die klägliche Reputation von Fachhochschulassistenten zu verbessern.

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Gottserbärmliche gruppendynamische Selbsttröstung ist regelmäßig angesagt angesichts der vermeintlichen Unmöglichkeit, in den Ministerien oder bei Politikern diesbezüglich etwas erreichen zu können.

Und da ist leider was dran!

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Erst ein junger UNI-Kollege musste die Öffentlichkeit mit seiner erfolgreichen Verfassungsklage auf die schlechte Bezahlung von Professoren aufmerksam machen.

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Das wäre die Aufgabe unermüdlicher Kämpfer statt nur Amtsinhaber gewesen, mehr aber noch der Ministerien - mal als Beweis, dass sie (angeblich) keineswegs an Wahrnehmungsstörungen und eingerosteten Denkmustern und dem Grübeln über Lufthoheit leiden.

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Das tun sich Top-Leute aus der Industrie nicht mehr an, und das tun sich potentielle Studierende, die Top-Leute werden wollen, nicht mehr an. Sie werden sich genau umschauen müssen.

 

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Ein eingerostetes Denkmuster stellt die Haltung des Ministeriums MBWJK  in Sachen Hinausschieben des Ruhestandsbeginns dar.

Gesetzesänderung?  Wir machen da nicht mit  - weiterhin Exklusivität!

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Gegen diese Überheblichkeit angesichts oben geschilderter Realität hatten der Dekan des FB AIng  und der Kanzler der FH Kaiserslautern , die im Dezember 2009 von Frau Giselheid Wilke (Leitende Ministerialrätin)  in dieser Sache ins Ministerium einbestellt wurden, anzukämpfen. Der seinerzeitige Dekan hatte ja mit ihr  wegen seiner Briefe mit Fachbereichskopf an alle Landtagsabgeordneten schon die Erfahrung einer Abmahnung (siehe oben) gemacht.

 

Die zwischenzeitlichen Schreiben "Übersteuerung der Legislative durch die Ministerialbürokratie?" an eine Vielzahl von CDU-Abgeordneten und "Gesetz oder Farce" an eine Vielzahl von SPD-Abgeordneten in der Sache Hinausschieben des Ruhestandsbeginns seien nicht hilfreich gewesesn, konstatierte der leicht verbiesterte Dekan. Doch! Sehr hilfreich bei dem ersten Verlängerungsantrag! Und so unangreifbar, weil nicht auf Fachbereichspapier geschrieben!!!

 

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Und nur so!

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(Wird fortgesetzt mit geradlinigen Zitaten aus den Schreiben und der Betrachtung über Einschätzungsprärogative und Einschätzungsfähigkeit, Nötigung oder nicht, unwahrhaftiger Darstellung der Pressesprecherin des Ministeriums, Monika Fuhr, aus heutiger (02.13) Sicht, usw..)